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Lyrik-Kostproben


Zunächst (Fassung 20.7.2005) -  noch vor der Versenkung in das Wunder des glücklicherweise immer wieder neuen Lebens, die bei einem Aufenthalt im Hinterland der Provence entstand  -  ein Aufschrei angesichts der Militarisierung Deutschlands vom Herbst 2001. Die seiner Zeit groteske Ironie gibt vielleicht immer noch zu denken trotz der Ablehnung des Irak-Kriegs durch die damaligen "neuen" Kriegsbefürworter. Dann drei Titel aus der Reihe "Fahrradgedichte".  Und noch ein bisschen mehr ...( z.B. vor dem Gedicht Fines vitae :    auch ein Gedicht als Antwort auf den Auftritt von Bundespräsident Köhler
vom 15. März 2005 - und schließlich noch eine Ratzinger-Meditation).
      
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verantwortungswende           ë

frieden schaffen
mit immer

mehr

waffen-
einsatz
ohne
rüstung
leben
ist doch
total out
wir waren ja
immer schon gegen
frieden schaffen
mit immer

weniger

waffen                                                          ë

               Der zaubrische Quell               ë

Wilde Rosen umstehn dich.
Ein Holderstrauch wacht
über deinem Abfluss.
Ein Feigenbaum ziert
deine Flanke.
Und der Eschenbaum nimmt
dich gelind
unter seinen Schirm.

Efeu bedeckt
kahlen Fels.
Eichen bieten den gefiederten
Sängerinnen Schutz
zu Füßen deines Muttermundes.

Ich höre dein Plätschern
so heilvoll
                                               nach den ersten begierigen Schlucken.                                            ë

Grasschatten               ë

Meine beiden Wegwächter
werfen wieder Schatten voraus,
Lichtschatten nicht:
grüne Schatten,
aus Grassamen gewachsen,
deren ich im Herbst
nicht gewahr wurde,
als ich auch schon
auf des Waldweges schön gepfähltem
Rücken fuhr.
Den umsäumen
die grünen Geleise,
umfangen mich sanft,
fürsorglich leiten sie mich,
sagen mir:
du bist
schon auf gutem Weg.
 

Das Neue

Wenn ich neue Wegstrecken wähle,
narrt mich manchmal ein Kobold,
spiegelt altvertraute Wege mir vor,
die mich erreichen ließ endlich
ein Umweg,

und führt in die Irre.

Aber plötzlich steht da
ein Mykene.

Und ich weiß, daß sich das Risiko schließlich
gelohnt hat.
   

Dem Augenschein nach

Meiner Teck, meiner Staufenbrunst,
o,
der Himmel macht ihnen den Hof.

Schwere Gewitterwolken
verbeißen sich ineinander
ringsum ums Blau,
und meine Liebsten
bergen mich unter ihm.

Doch als ich ins Blätterdach
unverhofft eintauchen muß
und das Gebläu aus den Augen verlier',
höre ich plötzlich
jenes Gerücht,
das die Blätter und Baumnadeln,
die von Tropfen getroffen,
weiterraunen und -trommeln
den andern:
schlecht meine man es mit mir.

Da erblick ich das Blau,
und die Blitze, der Donner, der Schauer
nehmen den Glauben mir nicht,
und ich radle dem Hof zu.                             ë
 

Zuerst noch ein Gedicht aus dem Jahr 2002:    

                                       Frühherbstglaube                                         ë 

Vom Rötelrot behaucht,
dem Auferstehungsrot,
dem Füllhorn-Schmuck
und das sich auf den Birnen
und Äpfeln gleichermaßen malt,
umsäumen Ahornbäumchen
meine Straße.

Und viele gehen solche Straßen
und wissen so ihr Ziel,
das sie nicht kennen
und das auch ich
nicht sagen kann, nein,
nur bedichten.

Vom Rötelrot behaucht
ein Glaube an das Morgen,
das vor den Zeiten liegt
und nach allem Gewesenen
in allen Gräbern
und das mich schon umfängt
im trüben Herbstlicht
dieses Nebeltags
und doch ein Sonnenlicht
des längst Vergangnen
in dem vergehn'den Laub
als Morgenröte leuchten lässt
des Wesentlichen.
Und das ist das Leben.        ë


 Und jetzt noch drei von 2005:


            Spiegelfechterei

       Unerwartete Episode
       nach langem Frost:
       Himmelsspiegel bedecken die Wiesen:
       Schnee von gestern
       befeuchtet die grünenden Fluren.
       Krähen tun sich gütlich
       am selten so reichlich
       sich bietenden
       klaren Nass.

       Der auf den Hundt gekommene
       Ersatz-Präsident
       einer vorgeblichen
       Unternehmerschaft,
       die nichts unternimmt
       gegen die Breite der Armut:
       Liberalistische Lösungen
       beschwört er
       von vorgestern.
       Blind sind die Spiegel
       der Selbstverliebtheit.
               ë


Fines vitae                                                                                                             ë

Die Höhen, die Tiefen erreichen
bringt uns ans Ende
alles Gewöhnlichen,
alles Gewohnten.
Neues nach dem Genormten
bringt uns das Sterben.
das Absterben dem,
das wir lassen,
hoffen wir.
Deshalb das Sehnen
nach dem Sturz von den Klippen,
nach der Erkenntnis
des Höchsten,
nach dem Ende.

Widerstreben sich Leben
und Sehnen?
Unsere Seele kann
vielleicht,
was unser Leib nicht kann.

Was wir ersehnen,
können wir's leben?
Und vielleicht auch
schon jetzt?                                                             ë


Ratzinger-Benedicti

Ein Zeichen der Relativität:
weiß oder grau oder schwarz
ist der Rauch?
Sehen wir's
wie wir's wollen!
Was bedeutet es
für die Welt,
wen sie wählen
im Konklave?
Habemus papam.
Also wieder
keine mütterliche Welt
der Kirche.                 ë
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